Generatives Design macht den BAC Mono noch schneller

Mit Leichtigkeit Richtung Zukunft: Generatives Design macht den BAC Mono noch schneller

Der BAC Mono ist ein auf das Wesentliche reduzierter und dadurch sehr leichter Supersportwagen mit Straßenzulassung. Er bringt lediglich 570 Kilogramm auf die Straße – noch nicht mal halb so viel wie ein Toyota Corolla. Der eng gehaltene Innenraum ist nur für den Fahrer reserviert – er ist von einem ultraleichten Chassis aus Carbonfaser umgeben. Wie bei der Vorstellung der Neuauflage im BAC Innovation Centre im englischen Liverpool sichtbar wurde, hat der Flitzer nochmal ganze 4,8 Kilogramm an Gewicht abgespeckt. Erreicht wurde dies durch generativ konstruierte Leichtbaufelgen, deren optimales Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht mithilfe einer neuartigen Software ermittelt wurde. Gewichtseinsparungen dieser Art könnten nicht nur revolutionäre Auswirkungen auf die Konstruktion und Fertigung von Fahrzeugen, sondern auch auf deren Leistung und äußere Erscheinung haben.

In unter 3 Sekunden auf 100 km/h

Der von der Briggs Automotive Company (BAC) konstruierte und in Liverpool gefertigte BAC Mono ist ein schnittiger Rennwagen, der für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen ist und der die gesetzlichen Mindestanforderungen an den Fußgängerschutz und die Sicherheit erfüllt. Unter der Haube verbirgt sich ein Vierzylinder-Turbolader mit 2,3 Litern Hubraum, der es auf 332 PS bringt. Für einen Rennwagen auf den ersten Blick keine besonders beeindruckende Motorisierung, jedoch völlig ausreichend, um das Leichtgewicht in knapp unter drei Sekunden auf fast 100 km/h zu beschleunigen und eine Höchstgeschwindigkeit von 273 km/h zu erreichen. In Fahrberichten über den BAC Mono schwärmen die Tester geradezu von der kraftvollen Beschleunigung und dem herausragenden Ansprechverhalten des Autos. In puncto Agilität und Handling kann demnach nur noch ein Go-Kart mithalten.

Generativ konstruierte Felge

Die generativ konstruierte Felge für den Mono wurde so ausgelegt, dass sie allen Belastungen am Fahrwerk standhält und mittels CNC-Technologie aus Aluminium gefräst werden kann. Trotz dieser Anforderungen konnten allein am Rad 35 Prozent Gewicht eingespart werden. 

Der BAC Mono kostet umgerechnet ca. 220.000 Euro. „Wir sind in der glücklichen Lage, dass Kunden bereit sind, einen hohen Preis für das Auto zu zahlen. Dadurch sind wir unter den Ersten, die verhältnismäßig kostspielige Dinge umsetzen können“, sagt Ian Briggs, Konstruktionsleiter des Unternehmens BAC, das er zusammen mit seinem Bruder Neill Briggs gegründet hat.

Mit „Dingen“ sind neue Fertigungsmethoden wie 3D-Druckverfahren gemeint. Im neuen BAC Mono sind ungefähr 40 Teile verbaut, die aus dem 3D-Drucker stammen, darunter die Scheinwerfer, Seitenspiegel und Rücklichtgehäuse. Viele Karosserieteile bestehen aus graphenverstärkten Kohlenstofffasern. Der neuartige Werkstoff zeichnet sich durch ein geringes Gewicht, eine hohe Festigkeit und thermische Beständigkeit aus.

Wichtigster Schlüsselfaktor für die Gewichtseinsparungen war jedoch, dass BAC mit Autodesk Fusion 360 bei der Konstruktion der Felgen auf die Möglichkeiten des Generativen Designs setzte. Beim Generativen Design werden Objekte unter Nutzung von maschinellem Lernen und Cloud Computing mithilfe von Algorithmen entworfen. Die so konstruierten Produkte zeichnen sich durch ein besonders günstiges Verhältnis aus Festigkeit zu Gewicht aus. So legten die Konstrukteure für den Entwurf der Felgen des BAC Mono zunächst die Randbedingungen fest. Sie gaben vor, welche Lasten am Rad wirken, dass als Werkstoff Aluminium einzusetzen ist und dass die Fertigung kostengünstig mittels 5-Achs-CNC-Frästechnik möglich sein muss. Anhand dieser Datenpunkte erzeugt die Software fast unendlich viele iterative Optionen für den Konstrukteur und erweitert maßgeblich dessen Lösungsspektrum, was zu stark verbesserten Ergebnissen führt.

Auf der anderen Seite spielte aber auch die gewünschte Ästhetik eine wichtige Rolle. BAC wollte das federleichte Design weiterentwickeln, das zugleich markentypische Merkmale aufweisen sollte. Dadurch wurden die Randbedingungen für das Fahrzeugdesign weiter eingeschränkt, sodass auch alle Anforderungen von BAC hinsichtlich der Ästhetik und der Markenidentität erfüllt werden konnten.

Mit 3D-Druck und Generativem Design PS auf die Straße bringen

Sowohl der 3D-Druck als auch das Generative Design erleichtern individuelle Entwurfsanpassungen – ein erheblicher Vorteil für einen kleinen Autobauer, der sich auf maßgeschneiderte Produkte spezialisiert hat. „Als kleines Unternehmen sparen wir uns natürlich lieber die Investitionen in Werkzeuge, mit denen tausende Teile für fremde Hersteller produziert werden. Wir würden schließlich selbst nur 30 oder 50 davon im Jahr brauchen“, erklärt Ian. „Wir brauchen keine Massenproduktion. Das macht es für uns etwas einfacher. Mit dem 3D-Drucker können wir auch Einzelstücke fertigen. Die Sitze werden dem zukünftigen Fahrer quasi an den Leib geformt. Ebenso werden Lenkrad, Fußpedale und vieles mehr individuell angefertigt. Auch Namen oder Initialen des Kunden auf den Teilen sind machbar. Unsere Kunden kaufen ein absolut einzigartiges und sehr spezielles Auto aus dem oberen Preissegment. Sie erwarten daher, dass man dem Wagen innovative Spitzentechnologien wie Generatives Design ansieht.“

Generatives Design und 3D-Druck ergänzen sich hervorragend, auch wenn sich das in der Praxis noch nicht immer vollständig nutzen lässt. Schränkt man die Lösungsmöglichkeiten bei der Methode nicht ein, können die generativ erzeugten Konstruktionen völlig organisch und lebendig anmuten, wobei sämtliche rechtwinklige Geometrien verschwinden. „Wenn Sie die Software ohne fertigungsbedingte Regeln generativ konstruieren lassen, können diese Bauteile nur noch mit dem 3D-Drucker gefertigt werden“, verdeutlicht Ian und sieht das Potenzial für die Zukunft: „Wenn die Kosten für diese Technologie sinken, werden auch das Generative Design und die damit machbaren Lösungen eine größere Rolle spielen.“

Neben den physikalischen Parametern sollte das Design der Felgen für den neuen Mono auch eine ganz bestimmte schnittige Ästhetik fördern die typisch für die marke BAC ist. 

Die Fertigung der Felgen für den Mono war so etwas wie eine kleine Massenproduktion. Daher war es im Hinblick auf die Kosten sinnvoll, auf etablierte Prozesse zu setzen. Ein einziger Satz Felgen aus dem 3D-Drucker hätte schnell einen stolzen fünfstelligen Betrag gekostet. Für BAC kam es also nicht in Frage, die Felgen additiv zu fertigen, sodass der generative Konstruktionsprozess dies berücksichtigen musste. Stattdessen hat das Unternehmen die Parameter so gewählt, dass die Felgen für den BAC Mono mit einer CNC-Fünfachsfräsmaschine gefertigt werden können. Gegenüber der zuvor eingesetzten Dreiachsfräse stiegen allein dadurch die gestalterischen Möglichkeiten. Das neue Leichtmetallrad ist 35 Prozent leichter als die Standardfelgen und wiegt nur noch 2,2 Kilogramm.

Bei der neuen Konstruktion sind der Ankerpunkt und die Speichenpaare filigraner ausgebildet. Die fünfeckigen Speichenpaare sind länger und werden aus geraden und gekrümmten Formen gebildet, die harmonisch ineinander übergehen. Der Flansch, der zur Befestigung des Rades an der Fahrzeugachse dient, weist zusätzliche Bohrungen auf und hat eine leicht biomorph anmutende Honigwabentextur.

Während durchaus auch andere Hersteller mit Generativem Design und der Topologieoptimierung von Felgen experimentieren, passen die organischen Formen des BAC Mono ganz besonders zu der biomorphen Designsprache, die für diese Konstruktionsmethode typisch ist. Die Front des flach über den Asphalt gleitenden Rennwagens erinnert an einen Hammerhai oder Stachelrochen, während das fließend geformte Chassis zum Heck hin zunehmend den Blick auf freiliegende mechanische Teile erlaubt. Die verbindende Logik des generativen Konstruierens passt eindeutig besser zu diesem Auto als zu einem biederen Familienauto oder einem SUV.

Im Mono sind hundert Teile aus Aluminium verbaut, die BAC in der Zukunft mithilfe von Generativem Design optimieren möchte.

Die Felgen für den BAC Mono spiegeln noch nicht die dynamisch ineinanderfließenden Formen wieder, die bei völliger Ausreizung dieser Technologie vorstellbar wären. Dennoch basiert das Design der Leichtmetallräder auf hocheffizienten biologischen Fasermustern und wirkt damit klar und schlüssig. Sobald es das Generative Design auf die Messen und Straßen dieser Welt geschafft haben wird, werden sich auch die Gewichts- und Werkstoffeinsparungen bemerkbar machen. Dadurch lässt sich Kraftstoff sparen – ein Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen und damit zur Eindämmung des Klimawandels.

Auch darum geht es BAC. Das Generative Design birgt ein vielversprechendes Potenzial für metallische Fahrzeugteile. So hat BAC schon Teile am Fahrwerk und am Chassis des Fahrzeugs ausgemacht, die als nächstes bionisch umkonstruiert werden sollen. „Die Räder sind die erste von drei oder vier Phasen, in denen wir Generatives Design in unseren zukünftigen Produkten realisieren möchten“, blickt Neill, Mitgründer und Leiter der Produktentwicklung bei BAC voraus.

„In unserem Auto sind 400 Teile verbaut, die mit einer Dreiachs- oder Fünfachsfräse aus massivem Aluminium gefertigt werden“, ergänzt sein Bruder Ian. „Vermutlich könnten alle diese Teile durch Generatives Design mit geringem Kostenaufwand so verändert werden, dass sie leichter werden. Wir fräsen sie ja ohnehin. Da macht es keinen Unterschied, ob wir mehr Material abtragen. Wir müssen lediglich genau wissen, wo wir das tun können, um Gewicht einzusparen. Wenn sich die Möglichkeit bietet, die Konstruktion zu optimieren, Gewicht einzusparen und dabei dieselben Prozesse einzusetzen wie zuvor, ist es die Sache auf jeden Fall wert. Das scheint mir auch heute schon problemlos möglich zu sein.

 

Generative Design: Der Paradigmenwechsel in der Konstruktion?

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Quick Value Guide Generative Design

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Redshift, einer Autodesk-Publikation, um Designer, Ingenieure, Architekten und Hersteller zu inspirieren.
 

Anmerkung der Redaktion: Die im Artikel dargestellten Bilder sind ausnahmslos von PaulHPhoto.

 

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Daniel Pasing, Customer Success

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